Die nachfolgenden Gedichte sind in verschiedensten Lebensphasen entstanden. Wenn auch nur hin und wieder am Rande meines Alltags auftauchend, so sind sie dennoch, trotz der vielen wundervollen beruflichen Projekte, die Quintessenz meines Seins und Schaffens - dies bin und war ich, das höchste Schweben und das tiefste Leiden.

Sei es hier ausdrücklich betont und nie vergessen: Nur vordergründig sind es die veröffentlichten Spiele (und Bücher und Postkarten), die mich als Mensch ausmachen, also Karriere, Erfolg und das scheinbar Strahlende, das wir alle so geflissentlich nach außen präsentieren - dahinter, hinter der Fassade, lebt mein wahres Ich (so, wie das Ich von uns allen), nämlich das mit Problemen, Schmerzen, Enttäuschungen, Einsamkeit, Verlust, Trauer und vielen anderen unendlich schweren Dingen, die uns begleiten auf diesem unentrinnbaren Prozess des Zerfallens.

Ich ging, so weit ich konnte.
Ich geh, so weit ich kann.
Ich gehe.

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(2019)


Mein Suchen

Ein Herz, das mich behütet
Das sanfte Dinge sorgsam sagt

Und wenn das Schicksal in mir wütet

An meiner Seite nicht verzagt


Meine Seele glatt zu streichen

Etwas Trost, wenn ich mal wein

Ein liebes Wort mir reichen

Und auch in Ferne nah mir sein


Eine Aussicht aufzuzeigen

Wenn ich mal den Blick verlier

Und die Schulter an mich neigen

Wenn ich fröstel oder frier


Ich brauche nicht das Krasse

Will kein Brodeln im Vulkan

Ich mag Tee in meiner Tasse

Und auf dem See den Schwan

Zeig mir einen, der nicht leidet
Der nicht schwer am Alter trägt

Hinter Masken wohl verkleidet

Wenn das Blute pochend schlägt

Ich such niemand, der mich rettet

Nur ne Stütze, wenn man fällt

Eine Hand, die ungekettet

Meine Drachenschnur festhält


Am Himmel hoch zu schweben

Raschelnd-buntes Wunder sein

Brauch nen Anker, um zu leben

Sink zu Boden ganz allein


Und natürlich gilt all dies

Auch gespiegelt, ist doch klar

Ein Stückchen Himmelsparadies

Und fest im Sturme bin ich da


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(2019)

Am Campingsee


Und wieder einmal merke ich
Fast möchte ich sagen: zu guter Letzt
Wie sehr ich außen vor von allem bin
Wie anders
Wo rundherum nur Holz und Eisen zu finden sind
Das Leben so selbstverständlich greifend
Wie geht das?
Im Wasser zu planschen
Ohne bis in die Knochen zu frieren
Wie geht das?
In Zelten zu liegen
Und tatsächlich zu schlafen
Wie geht das?
Den Grill zu häufen am Abend so opulent
Und nächtens nicht zu wimmern vor Pein
Dies und tausend Weiteres
Wie geht das???
Wo ich schon gegen das Allerkleinste so unendlich empfindsam bin
So leicht zu knicken
Keine Blüte mehr
Keine Blume
Kein geschmeidig gebogener Stengel
Vertrocknet und brüchig und welk
Wankend im Wind
Im Marke jäh erschüttert von beinahe nichts
Zerrieben
Zerbröselt
Und meine Sporen vom leisesten Hauch über fremde Felder geweht
Fern
So unsagbar fern

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(2022)


Der vergessene Mensch


Was für bodenlos entleerte Tage

Als tränke man ein Glas
In dem nur noch Tröpfchenreste sind
Mit einem tiefen Zuge aus
Bloß, um hinterher noch mehr zu dürsten
Oder, schlimmer noch, sich an den Durst nur noch erinnern zu können
Wie er, damals, aus vollen Krügen nach Belieben gestillt wurde
Einfach so
Als wäre es selbstverständlich
Als wäre es verfügbar
Als gehörte es zu mir
Als würde es bleiben
Wo doch (auch wenn es nichts Neues ist) gar nichts bleibt am Ende
Und, schlimmer noch, schon nicht geblieben ist
Und, schlimmer noch, auch nie mehr wieder kommt
Weil Flüsse immer abwärts fließen
Und man ihnen
Alleingelassen im steinigen Bett
Und ich meine: wirklich alleine
Bestenfalls mit wehmütigem Blick hinterherschauen kann
Zu träumen vom endlosen Meer in mir
Das einstmals rauschte
Der Quelle, die einstmals sprudelte
Den Blumen, die prachtvoll blühten
Vertrocknet nun und aufgebraucht
Und unsagbar traurig
So gänzlich verlassen von allen, die ich einstmals Freunde hieß
So unfassbar vergessen, dass es schlicht keinen Sinn ergibt


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(Jenseits der Zeit)


Der erste Mann

Das Feuer um uns flammend 

Seh ich dich wollend an
Aus tiefsten Zeiten stammend

Werd ich zum ersten Mann


Ich halte dich umschlungen

Wie vor hunderttausend Jahren

Träume, längst verklungen
Und Menschen, die mal waren


Was damals dunkel lebte

Macht sich liebend in uns breit

Was in heißen Adern bebte

Es pulst durch alle Zeit


Ich spür das fernste Leben

Wenn ich zärtlich auf dich schau
Du bist mir ganz ergeben

Und wirst zur ersten Frau

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(2004)


Der Mann ohne Schlaf

So müde aufzustehen
Jeden Tag
Jeden Tag
Dass ich die Stunden wegsprengen möchte
Die Zeit
Den Raum
Und zuletzt mich selbst und mein Spiegelbild
Damit es aufhört
Dieses Nicht-Leben
Dieses Zerfallen
Dieses Zerschlagensein
Und ich mich wieder hinlegen kann
Die Augen zu schließen
Mich zu wälzen
Keine Erholung zu finden
Und zu warten, bis es hell wird
Um aufzustehen
Und die Stunden wegzusprengen
Jeden Tag

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(2004-2024, immer noch an der Front)


Im Nordwesten nichts Neues

Achtzehn Jahre Krieg
Und tausend Jahre Hölle
Und nirgends ein Ende in Sicht
Wie sehr ich es hasse
Dieses: Aufstehen, Kamerad
Mitten in der Nacht
Hinaus ins Feuer
Und vorwärts
Gnadenlos
Wo alles stets noch schmerzt von der gestrigen Schlacht
Blutet
Und niemals so wirklich heilen kann
Und so raffe ich mich hoch
Mit letzter Kraft
Weil es keine Alternative dazu gibt
Nur Aufgabe und Tod
Über Gräber taumelnd
In Gräbern liegend
Dem Grabe entfliehend
Allein auf weiter Flur
Müde wie tausend Mann
Erschaudernd
Leer
Zerschossen
Und unendlich tapfer

Was ich einfach nicht fassen kann:
Dass ich immer noch laufe
Dass ich immer noch hoffe
Dass ich hier schon mal war



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(2019)

Zauberweg


Wie oft ging ich schon dort

Am See auf altbekannten Wegen

Und sprach ein stilles Wort

Saß träumend auf den Stegen


Was brachte ich an Leiden

An manchen Tagen her

Und weinte auf den Weiden

Und trug im Herzen schwer


Ich drehte meine Runden

Stets im selben Kreis
Und kühlte tiefe Wunden
Im Winter auf dem Eis


Und nun, kaum hundert Meter weiter

Da öffnet sich ein Tor

Und eine Zauberleiter

Schiebt leise sich empor


Ich tret mit leichtem Schritte

Und weiter Seele ein

Und spür in meiner Mitte

Ich wander nicht allein


Als weht' ein neues Leben

Mit mir den Pfad hinauf

In allem ist ein Schweben

Bis zu den Wolken rauf


Das goldne Frühlingsssehnen
Das gestern ich erst sah
Ich möchte mich dranlehnen

Und wünschte, du wärst da


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(Corona-Nacht, 28. März 2020, 04.35 Uhr)


Möge dies eine Chance sein

Ich merke, wie mich danach hungert,
mich mit Menschen zu umgeben, die das Herz am rechten Fleck tragen.
Ich merke, wie mich danach hungert,
offen zu sein und einander wirklich zu begegnen.

Ich merke, wie mich danach hungert zu sagen:
ja, auch ich leide,
ja, auch ich weine,
ja, auch ich bin einsam immer wieder.

Ich merke, wie mich danach hungert,
alles loszulassen, was mich quält,
was uns trennt,
mit sanftem Blick eure Not zu erkennen, als wäre es die meine.

Ich merke, wie mich danach hungert zu sagen:
ja, auch ich bin schwach,
ja, auch ich brauche Hilfe,
ja, auch ich suche, wie wir alle.

Ich liege wach, zur Unzeit, wie so oft,
und merke, wie etwas passiert, das ich nicht revidieren kann.

Ich sehe Menschen, die Bögen umeinander gehen,
die Mantelkrägen hochgeschlagen,
den Blick verschlossen,
isoliert in der urgeigensten Hülle.

Ich merke, wie mich danach hungert zu sagen:
fürchtet euch nicht,
schon gar nicht voreinander,
denn was könnte schlimmer sein als ebendies.

Ich merke, wie mich danach hungert,
mit meinem alten Leben aufzuhören,
zu beginnen,
um am Ende einen neuen Anfang zu wagen, ohne Angst.

Möge dies eine Chance dazu sein.

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(2019)

Juli

In allem ist ein Sehnen

Und jedes Sehnen ist ein Traum
An dich mich anzulehnen
In jenem fernen Raum

Wo ich und du sich betten
Wo meine Seele ruht
Wo sich dunkle Wogen glätten
Und alles wird dort gut

Das Neue und das Alte
Zu einem Netz verbinden
Wo müde ich dich halte
Und schlafend wir uns finden


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(August 2020)


Still, unsagbar still

Ich liebe dieses wunderschöne Land
Liebte es schon immer
Und ich war stets froh, in einer offenen Demokratie aufwachsen zu dürfen
Meine Meinung zu sagen
Mir Meinungen anhören zu können
Auch solche, die mir nicht gefielen
Diese ganz besonders
Denn das waren die Wichtigsten
Sie lehrten mich zu denken
Zu hinterfragen
Zu zweifeln
Zu verstehen
Ich schaue mich um und höre nichts mehr
Nirgends
Sehe nichts mehr
Nirgends
Lese nichts mehr
Nirgends
Alles ist still geworden
Erstickt mit höchster Macht im Keime des Aufblühens
Kein Wort des Widerspruchs irgendwo
Kein Andersdeken
Keine Alternative
An jeder öffentlichen Plakatwand immer nur das gründlich Vorgekaute
Das Vorgegaukelte
Das Abgekarterte
Das Hingebogene
Millionenfach und riesengroß
Damit es sich fest verharkt in unseren ach so bang schlagenden Herzen
Die Wahrheit wie Dreck in kleinste Ecken gefegt
Ich schaue mich um und möchte weinen
Wo bist du geblieben, Land der Dichter und Denker?
Land der Mütter und Väter
Land des Friedens
Land der Freiheit
Was ist nur geschehen?
Warum missbraucht man dich so sehr?
Ich schaue mich um
Und möchte weinen
Weinen

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(2021)


Wir


Die Welt verschwindet ganz und gar

Und alles schwebt im Dämmerlicht
Dein riesengroßes Augenpaar

Und nichts hat mehr Gewicht


Ein Blick, der in die Seele schaut

Ein Staunen, wie am ersten Tag

Die allerweichste Streichelhaut

Und der wärmste Herzensschlag


Ich trink aus deiner Quelle

Und atme dich wie Luft

Die Fingerkuppenzauberstelle

Und der feinste Engelsduft


Ich find an deiner Seite

Was auch immer ich erbitte

Das Nahe und das Weite

Trifft sich in unsrer Mitte


Die Zeit hört auf zu rinnen

Und vereint das Ich zum Wir

Ich spür mit allen Sinnen

Und zerfließ so sanft in dir


Wir liegen engumwunden

Im schönsten Himmelszelt

In Liebe tief verbunden

Und nirgends eine Welt


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(Am absoluten Nullpunkt, 2004)



Der finale Wunsch


Jemand müsste sagen:

Ich werde da sein – egal, was geschieht

Und er würde da sein

Und es wäre egal, was geschieht



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(Anderthalb Höllenjahre später...)


Sprachlos

Wie wenig wir von unsren Welten wissen
Und trotzdem liegst Du neben mir
Ganz sanft bedeckt Dein Haar das Kissen
Auf dem ich, findend, mich verlier

Hat eine Hand mich jemals so gehalten?
Als ob sie, kosend, meine Seele spürt
Was in Dir wogt will ich entfalten
Was mich umschließt und, tosend, tief berührt

Wie sollt ein Wort mich mehr bewegen
Da jeder Blick wie eine Feder kreist
Kein Satz kann klarer je belegen
Was Du küssend, fühlend, schweigend weißt



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(Neu geboren, 2011)


Nie war ich furchtloser


Kleiner Mann
Nachdem mein Leben aus den Fugen war
Haben Deine Mama
Damals
Und nun Du
Es endgültig wieder gerichtet
Mit großem Herzen
Und allerkleinsten Nägeln

Wenn Deine Spucke auf meinen Arm tropft
Dann ist das wie Balsam
Ein beseeltes Geheiltwerden
Ein Zuhausesein
Ein Bleibenwollen

Nicht eine einzige dieser kostbarsten Minuten
Möchte ich mit Sorgen oder Nachgrollen vergeuden
Möge es gewesen sein
Und kommen
Was immer es sei
Nie war ich furchtloser als jetzt
Wo ich alles zu verlieren habe

Ich bin wieder da

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(The final Countdown, 2014/15)


Drachenblut

Schon einmal waren meine Nächte limitiert
In einer todmüden Wachhölle
Nun
So viele Jahre später
Sind es meine Tage
Und die Uhr tickt
Auf Endzeit eingestellt
Es wird geschehen
Definitiv
Weil es kein zurück geben wird für mich
Du wirst gehen
Und ich werde nicht bleiben
Kein zweites Mal
Kein zweites Verlorenhaben
Wenn alles, was ich sehnte, weichen wird von mir
Diese letzte Zukunft
Diese allerletzte Chance
Die noch einmal Leben verhieß
Das mir
Wie eine Gnade
Blond geboren wurde
Das kinderknabenhaft
So offen vor mir stand
Als atmete ich Sauerstoff
Trunken vor Sinn
Doch dann kam es anders als erhofft
Und alles implodierte

Ein Irrsinn
Für den es keine Worte gibt
Zurückgeworfen auf uns
Und sonst niemand, der kommt und hilft
Ein Zerriebenwerden jeden Tag
Ein sich auflösen
Ohne es wirklich zu gewahren
Ich mich und Du dich
Und dann wir uns
Ein hoffendes Bleiben
Auf Besserung
Auf ein Öffnen der Mauer
Die Du zwischendrin so still und felsenfest verschlossen hast
Vor mir
Vor mir
Der ich nicht nur nichts getan
Sondern nicht mal dran gedacht habe
Außer nimmer zu fliehen und alles zu tragen
Für dich und mich und ihn
Erschöpft und entnervt, aber unerschütterlich
Um dann fassungslos zu fragen
Wie kann das sein?
Wann fing das an, und wo?

Nun trudele ich meiner Vergangenheit entgegen
Unaufhaltsam
In einer nicht endenden Abwärtsspirale
Unsichtbar fürs Auge
Wie ein Stundenzeiger
Der sich nur scheinbar nicht bewegt
Hinab und hinab
Seit Monaten schon
Und Wochen noch vielleicht
Bis ich am Boden liege
Bis der Wille nicht mehr will
Nicht mehr kann

Es gibt kein Entrinnen
Kein Aufhaltenkönnen
Keinen letzten Taschenspielertrick
Es mag wie ein Hirngespinst klingen
Denn:
Noch fliege ich, als wäre nichts geschehen
Bunt und flatternd wie eh und je
Und alle schauen hinauf und staunen
Als wäre dort oben wirklich Gold zu finden
Doch die Wahrheit ist
Dass die liebevolle Hand, die mich hielt
Die mich schweben lässt
Ohne die ich nicht kann
Nur noch Hand ist
Loser jeden Tag
Ferner
Und bald nicht mal mehr dies

Ich sehe es
Ich weiß es
Ich müsste rasen und toben und an allen Hebeln ziehen
Alles versuchen
Doch ich
Ich setze Schritt für Schritt
Wie Paul dereinst, mein Paul
Aller Illusionen endgültig beraubt
Zerschossen
Durchnarbt
Gebrochen
Aber tapfer dem Morgen entgegen
Du treuester Soldat
Weil es keine Alternative mehr gibt
Nicht mal ein Gefecht
Trommelfeuer nur von fern
Bis der Schuss ins Herz mich trifft
Aus liebster Hand
Als schaut ich in den Spiegel

Drachenblut
Und Fassungslosigkeit
an allen Fronten

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(19.09.2017)



Finale

Eins zu fünf
Neunzigste Minute
Pfeif ab, Schiri
Pfeif endlich ab das Ding
Mein allerletztes Spiel um den goldensten Pokal
Nicht mehr zu gewinnen
Es ist genug
Ich bin bereit
Hier und Heute
Abgang im September
Aus und vorbei –

Die erste Halbzeit war brillant
Wir lagen vorn
Dribblings am laufenden Band
Übersteiger, Körpertäuschung, Außenrist
Fast schon Magie, wie die Kugel lässig tanzte auf meinem Spann
Tödliche Pässe mitten aus dem Pulk
Den Kopf immer oben
Alles im Blick
Alles im Griff
Szenenapplaus für den Mann mit der 10
Ein Schweben, so leicht
Und jeder Grashalm ein Teil von mir

Dann das Gegentor aus dem Nichts heraus
Kurz vor der Pause
Aus Nachlässigkeit
Aus Dummheit
Aus Langeweile vielleicht
Ohne Not und mitten ins Herz
Wie halb selbst hineingeschossen
Zwei unberechtigte Elfmeter
Ein Platzverweis
Und schließlich die bitterbösen Tritte
Mit voller Wucht gegen meine zerbrechlichen Knochen
Absichtlich
Das Arschloch
Einmal, zweimal, dreimal
Das Knie
Die Leiste
Und voll in die Fresse

Alter, was bin ich gelaufen
Was bin ich gerannt
Trotz der Schmerzen
Was hab ich auf die Zähne gebissen
Bluten
Tackern
Spritzen
Verbinden
Beschwören
Nicht aufgeben
Alles, nur nicht dies
Nicht aufgeben
Kämpfen, Käptn, kämpfen
Kämpfen bis zum Umfallen für das Team
Das Team
Mein ach so geliebtes Team
Das ich umarmen möchte
Und halten
Jeden einzelnen
Die alten Kämpen
Und den Nachswuchskicker
Der mir mehr bedeutet als alles auf der Welt
Das dennoch bald schon woanders spielen wird ohne mich
Was hab ich gefightet
Was hab ich geschluckt
Was hab ich getragen
Wie unendlich weit bin ich gegangen
Vergebens
Und nun hinfort damit

Ich bin bereit
Will nur noch herunter vom Feld
In den Katakomben verschwinden
Versinken
Vergehen
Hier und Heute
Jetzt –

Und doch kein Trillern
Kein verdammtes Ende
Keine Erlösung
Weil der Mann in Schwarz wohl Spaß hat an der Qual
Aber lange kann's nicht mehr dauern
So oder so

Fünf Minuten drüber nun
Müde
Ausgelaugt
Traurig
Abserviert
Enttäuscht bis ins Mark
Gelähmt
Fassungslos
Leidend
Nur noch leidend
Zertreten
Gedemütigt
Leer
Desillusioniert
Und vor allem dies: verloren

Na gut, noch ein Häkchen nach links
Und hey, ein letzter Trick fürs Publikum
Winken
Lächeln
Täuschen
Sieht doch fast aus wie früher mal

So dümpele ich hier unten am Boden noch ein bisschen
Pflichtbewusst wie eh und je
Und nett, so nett zu jedem
Viel zu nett
Selbst der Gegner kriegt nen Klaps
Während oben auf dem Großbildschirm
Noch mal die besten Szenen einer hoffnungsvollen Karriere flackern
Alle starren hoch
Und bestaunen mich
Abgewandt von mir

Macht's gut, Jungs
Denn auch wenn ich hier noch stehe
Ich war einmal
Und werd nicht mehr


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(2018)



Mehr denn je


Mehr denn je möchte ich sagen
Ich will es überstehen!
Und wenn man mir die Haut in Fetzen von den Gliedern reißt
Mir bis zum Nerv durch alle Zähne bohrt
Zum tausendsten Mal mit mir den Boden kehrt
Es wird nichts sein gegen den Schmerz, der schon hindurchgegangen
Als genug nicht genug war
Und ich plötzlich falsch
Als mein Traum zerplatzte
Mein Leben
Und alles fiel, alles, alles, bis auf dieses eine
Das ich niemals loslassen werde
Auf rohem Fleische würd ich kriechen für ihn
So kostbar
Und unvergleichlich
Dieser Funke
Der durch Jahrtausende gegangen
Um an meiner Hand die Welt zu sehen
Den ich mehr liebe als mein Leben
Nicht wanken werde ich
Nicht fallen
So, wie ich es dir damals versprach, mein Sohn
Jeden Abend
An dem ich dich auf einem Arme hielt
Und mit dir vor der Nacht durchs Zimmer schlich
Ganz still
Nur wir
Du und ich
Der einzige Sinn, den es geben kann
Am Rande von Milliarden Galaxien
Da zu sein
Dich zu halten
Dir zu helfen
Dich nie zu verlassen
Dein
Papa zu sein, solange ich atme
Dir ein Zuhause zu geben
Unerschütterlich
Wie ein Baum, ein Fels, ein Gebirge
Damit du dir all die Träume holen kannst, die dort auf dich warten
Bunte und eckige und solche von wehenden Fahnen
Wie unendlich jämmerlich käme ich mir vor
Und so sage ich es heute
Nach dem Sturm
Mehr denn je
Ich werde es überstehen!
Und dann vergessen, was
du nicht mehr bist

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(2003 - 2005: Die existentielle Hölle, Nachbeben mit 7 Jahren Verspätung)


Agonie

Am Anfang war nichts
Und dann schuf Gott die Welt
Die fortan das Flehen in immer neues schickt
Zitternd
Verängstigt
Und allzeit suchend
Milliardenfach
Nach Halt
Und Wärme
Und Sinn
Es zu greifen und sich bis ins Mark erschüttern zu lassen
Einmal nur
Und nur einmal ganz

Da ist diese Leere
Die beständig Deinen Namen flüstert
Bei jedem Schritt
Und mich mit nichts außer mir selbst zurücklässt
Mit weniger als das
Sprachlos und taub
Zwischen nirgendwo und keinmal noch
Die starren Schultern
Die beharrlich widerstehen
Und die müden Augen
Die nichts mehr spiegeln
Beides wie Glas
Ungerahmt und ohne Hintergrund
Verdammt, zu brechen
Und in Splitter zu zerfallen
Auf den Boden
Der Dich trägt

Und immer nur seh ich die Wand
Hinter der Lehne
Und das Vakuum davor
Zwischen den Stäben
Gepolstert und stumm
Tausendfach
In zahllosen Räumen
Der ewig freie Platz
Für immer unbesetzt
Oder falsch
Während sich mein Leben
Woanders
Die Lippen auf die Knöchel stützt
Und mein Lächeln erwidert
Ohne es zu wissen

Wer soll mir je, nach Dir, die Welt ersetzen?
Den Wind
Und das Rauschen des Lichtes
Wenn jeder Sturm nur noch ein Wispern
Und alle Schritte ein stetes Fallen
Immerfort dem Ende zu
Ein Gleichnis
Ein sich schließender Kreis
Weil nimmer wird, was nicht geahnt
Quälend
Und langsam
Und unendlich still

Am Anfang war niemand
Und dann schuf Gott Dich
Dieses eine Mal nur
Und nun wieder Dunkelheit
Und nichts
Und diesmal ganz



Dead man walking

Ein steter Blick der Reue zurück
Auf das, was gut war
Glück und Liebe und Gleichgewicht
Und ein inständiges Warten
Auf das, was niemals kommt
Nicht noch einmal
Unfähig, jetzt und hier zu sein
Leer und traurig bis zum Grund
Erschlagen
Geschunden
Zerfallend
Nach grauenvollen Nächten
Vor grauenvollen Tagen
Zwischen Weinen und Weinen
Es niederzwingend und wegdrückend
Bis es erneut zuschlägt
Erbarmungslos
Weiterschleppend
Durch die Wüste der Tränen
Von Ost nach West
Nur noch Reflex
Ohne Lachen zu können
Oder Freude zu empfinden
Oder Hoffnung zu haben
Wozu noch und wofür?
Nicht sein
Nicht mehr sein
Nichts sein
Es nicht wollen
Es für undenkbar halten
Und es immer wieder betonen
Wohl wissend, was kommt
Wenn kein Wunder geschieht
Zwangsläufig
Weil es aufhören muss
Egal wie
Dieses Sterben, das mal Leben war
Dieser Schmerz nach Schmerz und Schmerz

Immer ist es nur ein Schritt bis zum endgültigen Fallen
Ein einziger nur
Gefährlich nahe am Rand
Näher jedes Mal
Bis man ihn geht
Ohne es zu verstehen
Unerreichbar für den Intellekt

Schreibend
Aus dem Grab
Tot



Endzeitstimmung

Ich weiß, dass ich schon hundertmal müder war
Auch wenn es unfassbar klingt
Und trauriger
Und gewiss auch einsamer
Doch nichtsdestotrotz bin ich es
Immer noch
Und wieder
Und immer wieder

Mögen die zahllosen Kerben bezeugen
Dass dieser Wille nicht leichthin bricht
Ihr könnt es in meinen Augen lesen
Wie oft ich widerstand!
Aber irgendwann macht es einfach keinen Spaß mehr
Fast schon trivial
Und es soll genug sein

Ich habe nicht mehr viele Nächte wie diese
Vielleicht noch zwei oder drei
Die ihren Namen nicht verdienen
Wachkomata
Die mich aushöhlen und taub machen
Und mein Bewusstsein nach innen stülpen
Bis ich nicht mehr ich selbst bin
Mich kaum noch erkenne
Und nicht mehr ertragen mag, was übrig ist und sich dahinschleppt
Durch Tage ohne Licht
Die ich nicht mehr wegstecken kann wie damals
Als ein Unglück unter vielen
Jetzt, da vieles besser ist
Was anfälliger macht!
Wie ein Fronturlaub ohne Aussicht auf Frieden

So bleibt nichts als dieser eine Wunsch
Diese eine Illusion
Dass ich
Wenn es soweit ist
Gehen werde
Bevor ich gehe
In einem letzten Aufflackern von mir



Der finale Wunsch

Jemand müsste sagen:
Ich werde da sein – egal, was geschieht
Und er würde da sein
Und es wäre egal, was geschieht

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(Ein Engel, der plötzlich für einige Tage da war, einfach nur da, 2004)



Für Miri

Wie rasch die Schwere von mir weicht
Da endlich ich nach vorne schau
Und sonnenzart und wolkenleicht
Die lang entbehrten Schlösser bau

Was gestern schnitt, es quält nicht mehr
Es zieht davon und lässt mich steh’n
Von Westen schwebt was Neues her
Das Alte kann von dannen weh’n

Was wieder pulst und freudig klingt
Das ist mein Herz, das ist mein Blut
Ein warmer Strom, der mich durchdringt
Ach Engelchen – Du tust mir gut

Mit Dir die Zeit hinfort zu geben
Mit Dir die Welt gleich doppelt seh’n
Kein Hoffen, Bangen, Werben, Streben
Einfach nur mit Dir im Wind zu geh’n

Kann man mehr als dies je wollen
Ein zarter Hauch nach tiefem Schmerz
Und mögen fern die Donner grollen
Du tust mir gut – mein Schwesterherz



Nichts sagen

In den Pausen wohnt der Zauber
Die wir nicht erst füllen
Und zerreden müssen
In den Pausen wohnt der Zauber
Die wir nicht umhüllen
Und nicht wegküssen

Das Wort, es geht und kommt und geht
Und keine Weil’ wird je mir lang
Als ob er aus sich selbst entsteht
Der Stille schönster Klang

Mit Dir mich schweigend auszutauschen
Und jeder Blick den Blick belohnt
Der Ruhe selig hinzulauschen
In den Pausen wahrer Zauber wohnt

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(Und noch ein Engel)



Like an angel

Was die schönste Kunst in ihren besten Stunden
Dem tiefsten Wunsch als Traumbild hingemalt
War von jeher Deinem Zauber vorempfunden
Der alle Zeit und Welt umstrahlt

Aus goldnem Garn das Herz gewebt
Mit feinstem Stich den Nerv gesetzt
Ein sanfter Schlag die Lider hebt
Die klarste Quell Dein Aug’ benetzt

Den fernsten Mensch als Mensch zu fühlen
Mit ganzer Seel’ in Gottes Sinn
Dem fremden Kind die heiße Stirn zu kühlen
Das treibt Dich um, da strebst Du hin

Hat je ein Mund so rein gesprochen
Nach all der Halbheit, all dem Wahn?
War je ein Eis so warm durchbrochen?
In all dem Zufall doch ein Plan?

Kann mit tausend Sätzen nicht beschreiben
Was ich so unvermittelt in Dir sah
Den hellsten Stern im grausten Treiben
Mit einem Worte: wunderbar

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(ab 2003, das Unvorstellbare: Folgeerscheinungen und BLEIBENDE Schäden)




Der Mann ohne Schlaf

So müde aufzustehen
Jeden Tag
Jeden Tag
Dass ich die Stunden wegsprengen möchte
Die Zeit
Den Raum
Und zuletzt mich selbst und mein Spiegelbild
Damit es aufhört
Dieses Nicht-Leben
Dieses Zerfallen
Dieses Zerschlagensein
Und ich mich wieder hinlegen kann
Die Augen zu schließen
Mich zu wälzen
Keine Erholung zu finden
Und zu warten, bis es hell wird
Um aufzustehen
Und die Stunden wegzusprengen
Jeden Tag



Die feige Sau

Selbst jetzt, nach all der Zeit
Ist und bleibt meine Hölle immer nur eine Nacht entfernt
Wartend und lauernd
Das Schwein
Mich zu packen, wenn ich schutzlos bin
Und mich nicht wehren kann
Wie eine Muschel ohne Schale
Mich durchzukauen
Und mich am nächsten Morgen wieder auszuspucken
Abgenagt bis auf die Knochen
Dass ich nur noch einen Wunsch verspüre
Mit dem Kopf voran durch eine Scheibe zu rennen
Etwas zu durchbrechen
Oder mich zerschneiden zu lassen
Mit aller Macht
Damit es eine Entsprechung findet
Dieses Unsagbare
Diese unsäglichste Entfremdung
Von dem, was ich hatte,
Wie ich fühlte
Wer ich war



In meiner Haut

Oh ihr, die ihr mich anschaut
Und beneidet
Worum eigentlich?
Wie gerne gäbe ich euch ein Stückchen meiner Haut
Damit ihr sie zu Markte tragt
Und euch darin sonnt
Einen Tag lang nur
Und eine dieser Nächte
Zu sehen, wie euch schaudert
Und graut
Wie ihr lauft und rennt
Und nimmer wiederkehrt
Bis ihr versteht und begreift
Was ihr besitzt
Und warum ich euch anschaue
Und darum beneide



Hundejahre

Was machst Du mit mir, Leben?
Du gabst mit diese Hülle
Und gossest meinen Leib
Mich zu baden darin
Und wohlig bei mir zu sein für eine Weile
Wozu???
Um mich zu zerformen nach Deinem Bilde?
Dich zu weiden an mir?
Und mir mit jedem Tag, den Du mir gibst
Deren drei zu nehmen?
Sie herauszubrennen
Oder hineinzuscharten
Ganz wie es Dir beliebt
So schnell, dass mir graust
Vor mir
Und ich mich abwenden möchte
Von uns



Ostersonntag

Und so bin ich heute Morgen
Völlig unverhofft
Ein weitres Mal der Asche jäh entstiegen
Nach Wochen im Dämmerlicht
Mich plötzlich wiederfindend unter den Lebenden
Knapp am Rande immer noch
Blinzelnd
Und leichenblass
Aber diesseits diesmal
Kerkerbettenfern
Endlich wieder sehend
Atmend
Und fast schon leichten Schrittes staunend ob der Welt
Sie mit beiden Händen behutsam ertastend
Berührt sein von ihr
So sieht das aus!
So fühlt sich das an!
Mich ungläubig entsinnend
Fassungslos ob des verlorenen Besitzes
Dies alles war mal mein!
Und so sitze ich hier
Unter euch Menschen
Lache mit euch
Scherze
Und teile euer Brot
Begnadigt für diesen einen Tag



Luzifer

Ist das alles, was Du drauf hast
Eine Eisenstange
Glas
Stacheldraht
Und jede Nacht zwanzigtausend Tritte ins Genick?!
Zugegeben, du gibst dein Bestes
Machst deine Sache nicht schlecht
Und die Spiegel, die du mir vorhältst
Sie schmerzen
Bis zum Wahnsinn manchmal
Doch jedes Mal, wenn du mich am Rand der Erträglichkeit ausbluten
Und mich wie durch einen Filter auf all das blicken lässt
Was so greifbar vor mir steht und trotzdem für mich nur Chimäre ist
Machst du mich unendlich wütend
Und gefährlich
Komm raus und trau Dich
Du Anfänger
Du seelenloses Stückchen Nichts
Dann werd ich dich in Stücke fetzen
Dich klein machen
Dir die letzte Faser rausbrennen
Und dir zeigen, wie das geht



Der falsche Mann

Als ich in Abwesenheit meiner selbst zur Höchststrafe verurteilt wurde
Wusste ich nicht einmal, dass ich angeklagt bin
Kein Verfahren
Kein Plädoyer
Kein Verteidiger
Man hat mich einfach gepackt
Am 28. September 2003
Mit einer Hand am Kehlkopf
Mit der anderen zwischen den Beinen
Und mich hinab geschmissen
Abgeschlossen
Den Schlüssel weggeworfen
Und dann das Licht ausgeknipst
Offen gestanden habe ich mir nicht mal was dabei gedacht
Oder mich gefürchtet
Ein Justizirrtum
Ein wenig Untersuchungshaft
Und dann Gerechtigkeit
Doch nun schmore ich hier
Seit Ewigkeiten
Rüttele an den Stäben
Schreie
Flehe
Schweige
Und richte mich ein, so gut es geht
Die anfängliche Hoffnung auf Milde
Auf Einsicht
Oder Entlassung wegen guter Führung
Ist längst dahin
Und so langsam schwant mir, was da stand
Auf dem Zettel, den man mir niemals zeigte
40 Jahre Existenz
Oh mein Gott

Ich war es nicht
Ich bin es nicht



Ostfront

Acht Jahre Krieg
Und tausend Jahre Hölle
Und nirgends ein Ende in Sicht
Wie sehr ich es hasse
Dieses: Aufstehen, Kamerad
Mitten in der Nacht
Hinaus ins Feuer
Und vorwärts
Gnadenlos
Wo alles stets noch schmerzt von der gestrigen Schlacht
Blutet
Und niemals so wirklich heilen kann

Und so raffe ich mich hoch
Mit letzter Kraft
Weil es keine Alternative dazu gibt
Nur Aufgabe und Tod
Über Gräber taumelnd
In Gräbern liegend
Dem Grabe entfliehend
Allein auf weiter Flur
Müde wie tausend Mann
Erschaudernd
Leer
Zerschossen
Und unendlich tapfer

Was ich einfach nicht fassen kann:
Dass ich immer noch laufe
Dass ich immer noch hoffe
Dass ich hier schon mal war



Spiderman

Noch immer spanne ich meine Fäden

Glitzernd um die ganze Welt
Als wäre ich noch immer hier und da und dort
Als lebte ich, wie früher mal
Doch die Wahrheit ist
Es sind nur Fäden
Und eben nichts als dies
Während ich in meiner dunkelsten Ecke kauere
Mich noch kleiner mache
Und auf ein wenig Beute warte
Ein halbes Stündchen
Und manchmal gar ein halber Tag
Ein Spinnenleben
Was soll ich sagen:
Seid gnädig mit der armen Kreatur
Lasst sie sitzen dort oben
Oder erbarmt euch ganz und gar
Und erlöst sie
Mit einem Schlag
Von ihrem Leid

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(Nichts als Illusionen: Dreizehn Mal K., 2005)


Nachtgedanken

Zu müde, um wach zu sein
Zu wach, um zu schlafen
Weil jeder Gedanke mit Dir anfängt
Und bei Dir endet
So wie alles aufhört
Und beginnt
Durch Dich
Jetzt
Und endlich
Und immer wieder
Weil es keinen Zufall gibt
Der dies Schicksal verwebt
Nur Schicksal, das kein Zufall ist



Woher?

Hat man Dich erfunden?
Hat man Dich erdacht?
Bist Du einem Traum entschwunden?
Oder gar aus Traum gemacht?

Schwebst heran, wo alles flieht
Und fällst auf mich wie warmes Licht
Das man nur im Winkel sieht
Wenn es bunt den Bogen bricht

Was all mein Sehnen je begehrt
Was vage nur und hoffend war
Von nun an immer wiederkehrt
Im wunderschönsten Augenpaar

Ich schau Dich an und bange noch
Denn was wie ein Wunder vor mir stand
Das fass ich nicht – und halte doch
Die ganze Welt an meiner Hand



Findung

Mit Hingabe zerfalle ich jede Nacht
Klaglos
Und dankbar
Auf dass mein Ruinengesicht
Mit jedem Krater
Wie ein Schlachtfeld
Das ruhig aus tausendfachem Bersten steigt
Allezeit das Nämliche bezeugt:
Meinen Weg zu Dir!

Bis Du weißt
Woher ich komme
Aus dem Feuer!
Und wohin ich geh
Ins Licht!
Jeden Morgen
Damit es endlich gut wird
Und Sinn macht
Und Frieden einkehrt
Und ich mich finden kann
Hinter der Front
Ganz dicht neben mir



Dies eine nur

Was fehlt denn noch am Ende
Als Strich und Punkt zum ganzen Glück?
Auf Kuss folgt Kuss in sanfte Hände
Mit Deinem Glanz mein All ich schmück’

Du bist so nah, als brennt’ ich fest
In meine Haut Dich glühend ein
Das Blut mich kaum noch atmen lässt
So pulst es mir durch Mark und Bein

Zu finden und zu nähren mich – zu spür’n
Wie Ernst und Leichtsinn Gleiches tun
Am Rand der Zeit das Licht berühr’n
Und selig an der Schulter ruh’n

Kann der Asche nur bei Dir entsteigen
Die Zukunft nur in Deinen Augen seh’n
Sind Bäume, die sich eng verzweigen
Und sich haltend beieinander steh´n

Wohl wissend, dass Du End’ und Anfang bist
Dass nur mit Dir mein Kreis sich schließt
Doch ahnt der Bach, was er vermisst
Solang es kühlend durch ihn fließt?

So muss ein Letztes noch geschehen
Das Wasser wird dem Fluss genommen
Muss schmerzend in die Ferne gehen
Und rauschend wiederkommen



Bernstein in Silber (Reisegeschenk)

Tag für Tag aus vielen Gliedern
Mein Leben sich zur Kette schmiegt
Und wie ein Schlag von zarten Lidern
Ein Kuss auf Deinen Schultern liegt

Wie Stück für Stück das nächste fängt
Hat Hand für Hand die Hand gefunden
Mein Schicksal ist an Deines angehängt
Und meine Welt an Deine angebunden



Wie ich Hermann Hesse in Buenos Aires traf

Im Nebel zu landen
Durch Nebel zu gehen
Von Nebel umstanden
Nur Nebel zu sehen

Das Ende der Welt
So fröstelnd zu spüren
Keine Hand, die mich hält
Und auch kein Berühren

Nicht glauben, nicht fassen
Nicht wollen, nicht sein
Verloren im nassen
Im traurigsten Schein

Wie bist Du entschwunden?
Warst fern mir so nah
So plötzlich entbunden
Nur Nebel ist da



Vorbehaltlos

Ein Stein ist ein Stein
Ob er nun im Grase liegt
Oder am Wegesrand
Oder wortlos im Flussbett schlingert
Muss er je glänzen
Oder klickern
Oder wollen
Um das Selbe zu sein?!
Im Ruhen und Rollen:
Ein Stein ist ein Stein



Vor der Zeit

Liebt man am Anderen nicht immer auch das Geliebtwerden
Und küsst den Kuss
Und hält den Griff
Und streichelt sich hinein?!
Wie Sommerwind und Segelschiff:
Durchgleiten und umfangen sein

So will ich nie vergessen
Dass das, was folgt
Gleichzeitig Ursache und Wirkung ist
Ein sich selbst begründendes Paradoxon
Das deshalb nicht fällt
Weil es von dem gestützt wird
Was es trägt

Um endlich zu begreifen
Dass der erste Schritt, auf den man wartet
Immer nur der zweite ist



Falschschreibung

Am Anfang war noch alles leicht
Mit einem Kuss das Glück erreicht
Am Anfang hatt’ ich einfach Spiel
Aus meinem Mund das Rechte fiel

Ich schaut’ Dich an und wusst’ genau
Dass Blick und Hand Dein Herz berührt
Ich war Mann und Du warst Frau
Wie simpel Eins zum Andern führt

Nun sitz’ ich hier und marter’ mich
Denn jeder Satz klingt jämmerlich
Was mach’ ich, sag’ ich, stell’ ich an
Ich nicht mahl richtig schreiben kann



Im schwarzen Loch

Dieses kalte, stumme, tiefe Grauen
Das wie ein Sog das Licht verschlingt
Wer ahnt es je, wer kann’s beschauen?
Als ob man in sich selbst versinkt

Ein jähes Sein im dunklen Nichts
Die Augen blind, die Sinne leer
Es nimmt die Luft, das Herz zerbricht’s
Nur noch Schmerz, kein Leben mehr

Die Welt ist außer Kraft gesetzt
Die Zeit zerdrückt im engsten Raum
Und alle Träume weggefetzt
Wir beide nur noch Quantenschaum?



Vertraue

Was wütet in mir so still
Dass ich’s nicht benennen kann?
Wie ein Schatten im Dunklen
Dem ich nie entfliehe
Der immer schon da ist
Wohin ich auch gehe
Und der stets noch ein Weilchen bleibt
In dieser stärksten
Nur von außen durchlässigen Membran
Die mich zurückwirft
Auf mich
Durch die bloß vereinzelt ein Tropfen dringt
Und ganz selten eine Hand
Womöglich nur einmal wirklich
Fünf Finger voller Liebe
Die ich ergreifen müsste
Vier
In diesem schnellsten Leben
Drei
Das wenige echte Chancen bietet
Zwei
Und nichts zurückbringt
Eins
Oder verspricht
Der Knöchel
Bevor ich mich für immer verliere
Die Kuppe
Wenn ich nur könnte
Der Nagel
Jetzt!



Istzeit

Nun ist nicht mehr
Was nie war
Denn Du bist nicht mehr
Was ich sah
Es ist, wie es ist
Du bist, was Du bist
Und es bleibt, wie es war
Wir beide kein Paar
Und ich frage mich, was schlimmer ist
Dass dies Nichts mein Herz anfrisst
Oder dass es Dich vermisst?



Es bleibt dabei

Noch immer hast Du Macht über mich
Und ich will es nicht leugnen
Oder mich wehren
So wie sich die Erde dreht
Und sich wie eine Schraube
In mein Herz bohrt
Wie ich nie verstehen werde
Dass man lieben kann
Und nicht-lieben
Weil lieben ja sagen heißt
Zu allem
Zu jeder Schwäche hinter dem süßesten Lächeln
Dem Taumeln an der Hand
Und dem geöffneten Mund
Der kein Wort verlieren muss, um das Richtige zu sagen
Und der auch dann noch richtig ist, wenn er das Falsche spricht

Denn

Nachdem ich Dich wirklich gesehen habe
Könnte ich bestenfalls das verlassen, was Du nicht bist
Und wenn Dich zu lieben bedeutet
Dass Du gehst und mich von Dir weist
Und nie wieder mit mir reden magst
Dann will ich es hinnehmen
Tausendmal Rilke und Lämmchen und Stöckchen
Weil Du es bist
Und es eben kein zurück gibt
Von Dir

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Zwischen den Zeilen

Könnten wir lesen
Dann stünden in unseren Gesichtern
Die tragischsten Geschichten aus Liebe und Leid
Nicht wie Wind durch Felder geschmeichelt
Sondern wie Regen in Stein gepeitscht
Über Jahre und Jahre hinweg
Und immerfort
Bis der kantige Fels
Zerklüftet und schroff
In Wolken gehüllt der Sonne nachträumt

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Mich fragte mal jemand, warum ich derart private und intime Dinge meines Lebens im Internet preisgebe. Die Antwort ist ganz einfach. Wenn jemand eine Ahnung davon bekommen möchte, wer ich wirklich bin, dann ist das nur dadurch möglich, dass er zu dem, was er im realen Leben sieht und von mir wahrnimmt, das hinzuaddiert, was hier geschrieben steht, was mein Innerstes bewegte und meine Schritte erzittern ließ.
Und außerdem: hey, wir alle leiden, wir alle sind zerbrechlich, wir alle haben unsere P
robleme. Ich für meinen Teil werde nie wieder so tun, als sei alles immer strahlend und super. Ich bin das Gegenteil davon.


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(Aus dem Nichts heraus, 2005)


Flügel

Als ich tot war und keine Hoffnung mehr hatte
Und zerberstend auf dem Boden lag
Direkt neben der Couch
In der Ecke vor dem Fenster
Im größten Wohnzimmer dieser Welt
Da muss mir jemand zugesehen haben
Jemand, an den ich nicht glaube
Den es nicht gibt
Und mit seinem nicht existierenden Stift
Schrieb er alles auf
Das, was ich ersehnte in meiner Not
Den tiefsten Wunsch im fernsten Land
So irreal, dass ich nicht mal dran zu denken wagte
Feinsäuberlich notierte er jedes Komma
Jeden Doppelpunkt
Und all die Ausrufezeichen
Dann ging er wieder, auf seinen leisen Sohlen
Ohne sich zu zeigen oder etwas zu sagen
Nahm es mit und begab sich auf die Suche

Als ich tot war und mit gar nichts rechnete
Da tauchte er plötzlich wieder auf aus seinem Schatten
Nach all der Zeit und tausend Leiden
Und trat auf die Veranda
Und führte Dich zu mir an den Tisch
Die Sonne brannte so hell an diesem Tag
Dass ich ihn nicht gewahrte
Und auch Dich nicht gleich erkannte
Nur Deine Stimme hörte ich
Die mich berührte und bewegte
In diesem grellen Gegenlicht
Und lange in mir nachklang

Als ich tot war und ins Stutzen kam
Da schicktest Du mir jene Mail
Und kamst mir knapp damit zuvor

Und dann geschah es

Und nun schläfst Du neben mir
Begleitest mich
Und wiegst mich sanft in Deinem Arm
Mehr, als ich je zu bitten wagte
Mehr, als man erträumen darf
Alles, was ich will

Danke, Clarence
Du hast sie Dir verdient
Ließest mich sterben – um zu leben




Unsagbar

Worum das Wort vergeblich ringt
Dein Lippenpaar es spielend findet
Ein zarter Kuss, der tief eindringt
Und wärmstes Blut, das fest verbindet

Die schönsten Sätze ahnen's nicht
Das Fühlen, Schweben, Träumen, Fliegen
Wenn Deine Hand zu meiner spricht
Und unsre Herzen beieinander liegen





Für Vanessa

Sei Du mein Heimatland
Mein Unterstand am Wolkenrand
Mein Jetztzeitband
Mein Flächenbrand
Du Bilderwand
Du allerfeinster Uhrensand

Sei Du mein Atemzug
Mein Wellenpflug am Plankenbug
Mein Niegenug
Mein Ernstunfug
Du Segelflug
Du bodenloser Schöpfungskrug

Sei Du mein Gleichgewicht
Mein Gramverzicht als Tagtraumpflicht
Mein Bernsteinleuchtturmlicht
Mein Leibgericht
Du Spiegelschicht
Du sternenklare Weltensicht

Sei Du mein Himmelreich
Mein Badeteich am Windschutzdeich
Mein Kommegleich
Mein Wüstenscheich
Du Klingelstreich
Du abendliches Daunenweich

Sei Du mein Widerhall
Mein Bergkristall im Wasserschwall
Mein Friedenswall
Mein Sündenfall
Du Bimetall
Du ewigneuer Ursprungsknall

Sei Du mein Anfangsende
Mein Kriechgelände für die Streichelhände
Meine Sonnenblende
Meine Brusthalslende
Du Herzlegende
Du frühlingsmilde Winterwende

Sei Du mein Bindestrich
Mein Trautesich im Plüschteppich
Mein Ewiglich
Mein Bienenstich
Du Güterich
Ich liebe dich



Tausend zu eins

Könnte ich Dich eintauschen
Gegen Gold und Edelsteine
Und alle Kamele dieser Welt
Oder gar ein anderes Blau
Es wäre immer ein schlechter Tausch
Weil keine Verheißung jemals hält, was sie verspricht
So sehr sie auch funkelt und glitzert und glänzt
Und letztlich doch nur jäh zerplatzt
Und ölig durch meine Finger rinnt
Bis nichts mehr bleibt
Und ich nichts mehr halten kann
Dort, wo Du für mich da bist
Unerschütterlich
Wo selbst der schlimmste aller Tage
Niemals vollkommen schwarz sein kann
Weil Du nicht nur Fremdes reflektierst
Sondern selber strahlst
Und mir den Weg weist
Wie Licht
Wie eine Sonne, die nur an meinem Himmel existiert
Die ich liebe
Und die nur für mich scheint



Für einen Euro

Als ich den Hund streichelte
Und ein Danke aus offener Hand erhielt
Und einen schönen Tag mit auf den Weg bekam
Da musste ich weinen vor Glück
Weil ich so voller Wärme war von Dir
Dass mich der kalte Wind
Der mir draußen wie ein Eissturm entgegentoste
Nicht erreichen konnte
Weil ich sitze und schreibe
Weil ich wieder bei mir bin
Und lebe

Weil es Dich gibt

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(10.01.2010 ab 23.36 Uhr: The world's greatest, mein Allerallerbester)



So gute Freunde

Dass Du jedes Mal so sanft in dieser Wolke entschlummerst
Die der große Riese für den kleinen
Über die ganze Welt in seinen Armen trägt
So warm und weich und kuschelig
Dass Du dich fallen lässt darin
Die Augen schließt
Und dir all die Träume holst, die da auf dich warten
Bunte und eckige und solche von wehenden Fahnen
Sicher und beschützt wie sonst nirgends
Es treibt mir die Tränen in die Augen
Tränen des Glücks
Des Glücks
Und dann lege ich dich ab
Decke dich zu
Und schleiche aus dem Zimmer
O wie ich dich liebe
Dich liebe
Und während ich gehe
Bleibe ich bei Dir
Und nehme ich dich mit
Für immer
Für immer



Mittagspäuschen

Könnte ich einen Moment bewahren
Einen einzigen nur
Es wäre genau dieser hier
Du, den Mund voller Brei
Wartend
Und ich, den Löffel in der Hand
Innehaltend
Nichts geschieht
Kein Geräusch
Keine Bewegung
Nur der Hund unter dem Tisch
Als ob sich die Zeit ein Späßchen daraus macht
Zu schweigen, bis ich schmunzeln muss
Und während wir uns still und lange betrachten
Spüre ich
Dass das, was ICH in mir sagt
Und Dich dabei erblickt
Auch durch Deine Augen schaut
Und mich in Dir erkennt



Mein Linus

Dass Du dereinst so gehst wie ich: vaterlos
Dafür lohnt es sich zu sorgen
Und so schieb und halt und wärm ich Dich
Für alle Zeit: geborgen

So lang ich kann dies Glück zu fassen
Dein Riese, Fels und Papa sein
Zur rechten Zeit dann loszulassen
Und dann bleibst Du: nie ganz allein

Dass Du dereinst so gehst wie ich: vatervoll
Danach lohnt es sich zu streben
Dass alles wird, wie’s sein soll
Denn Du bist dies: mein Leben

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(Schweres)



Es führt kein Weg zurück

Wie viel Schmerz durch diese Augen ging
Wie traurig mein Gesicht zerfloss
O welcher Traum an diesen Lippen hing
Und küssend meine Welt umschloss

Doch alle Chancen längst vergeben
Und mein Himmel grau verhangen
Kein zweites Mal in diesem Leben
Und alles Glück vergangen

Ach könnt ich einmal noch dort stehen
Ich möcht so vieles sagen
Und andre Wege gehen
Und uns auf Händen tragen

Doch jetzt finde ich mich selbst nicht mehr
Und auch von damals keine Spur
Und all mein Dasein wird mir schwer
Ach hätt’ ich, hätt’ ich nur


(1996)


Abschied


Ich weiß, es geht zu Ende
Die letzten vier, fünf Mal
Die guten, alten Wände
Und der abgetanzte Saal

Noch immer kann ich’s spüren
Als ob es damals wär
Es durchschreiten und berühren
Ich liebte es so sehr

Ich weiß, es geht zu Ende
Die letzten zwei, drei Mal
Es rinnt mir durch die Hände
Als wär’s ein Wasserstrahl

Noch immer kann ich’s ahnen
O wie lange ist das her
Es wehen schon die Fahnen
Und jeder Gang fällt schwer

Ich weiß, es geht zu Ende
Das allerletzte Mal
Schweigend sprech ich Bände
Und lächle voller Qual

Wie soll ich’s jemals fassen
Was voll war, ist jetzt leer
Was blühte, muss verblassen
Und kommt nun nimmermehr




Gedanken eines Freundes

Grad frag ich mich, wie’s Dir wohl geht
Was Dich bewegt – aus Deiner Sicht
Ein jedes Leben wankt und dreht
Bloß: von außen sieht man vieles nicht

Wie läuft sich’s wohl mit Deinem Schritt?
Was bangt und schmerzt in Deinem Blut?
Und welche Freuden nimmst Du mit
Wenn träumend nachts Dein Alltag ruht?

Was heißt es wirklich, Du zu sein?
Atmend, fühlend, innerlich
Kennst Deine Welt im Ganzen nur allein
Ich ahn sie halb und denk an Dich




Und sonst Keinste (Für meine treue Bonny)

Erinnerst Du Dich noch
Wie ich Dir damals, ganz an Anfang, versprach
Bis zum letzten Atemzug bei Dir zu bleiben
Meinen Arm um Dich zu legen
Dir noch einmal etwas ins Ohr zu flüstern
Was nur für uns beide bestimmt ist
In Deine endlos treuen Augen zu schauen
Dich zu drücken
Dir Lebewohl zu sagen
Und dann so traurig von Dir zu gehen
Dass es mich in Stücke reißen wird

Nun also soll es sein
Nur noch Meter bis zum Schluss
Und was mich so unfassbar still werden lässt
Ist nicht die Tatsache, dass es geschehen muss
Das sowieso
Sondern dass es jetzt ist
Jetzt schon
Nach all der kurzen Zeit
Wie kann das sein?

Und so taumle ich davon und bleibe zurück
Dankbar, dass Du warst
Deinen Namen fortan im Traum zu rufen
Dich immerfort schwimmen zu sehen
Und Dir zu folgen
Dereinst
Wenn jemand seinen Arm um mich legt
Mich drückt
Und dann so still von mir geht
Dass er in Stücke zerfällt
Fassungslos, dass es jetzt schon ist
Dankbar, dass ich war



Heute Morgen

Die Zeit wird gewesen sein
Ich werde Dich begraben haben
Wir hatten uns geliebt
Und jetzt
Während ich Dich umarme
Denke ich an uns zurück
Wie wir uns alsbald zum ersten Mal begegnen
Um glücklich zu sein
Erwartungsvoll nach vorne zu blicken
Und uns behutsam die Tränen zu trocken
Bevor wir sie weinen
Weil der Abschied
Vor dem uns beiden so furchtbar graust
Jeden Abend wie eine Ahnung in uns kriecht
Fern
Und doch schon hinter uns
So dass mir nichts zu sagen bleibt als dies:
Lebewohl, mein Schatz
Komm
Und schlafe schön heut Nacht
Auf dass ich morgen Dich erneut verlieren darf



Abendtrauer

Dass ich halten möcht, was ich nicht kann
Dass es verblasst, verweht – und irgendwann
Zur Qual mir macht, was schön jetzt ist
Und nicht mehr lacht und lebt – und mich zerfrisst

Dass dunkel es im Meer versinkt
Zur Ruh sich legt im tiefsten Grund
Zum Abschied mir noch einmal winkt
Und heiß mich küsst mit kaltem Mund


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(Diverse)


Abendspaziergang

Wenn ich neben Dir gehe
Spüre ich, dass es ein Morgen gibt
Was gut ist
Und genau das stimmt mich traurig
Weil Dein Haar dann immer noch wie eine Welle Deine Schultern umfließen wird
Und sich das Lampenlicht wie Samt an Deine Wange schmiegt
Nur dass Du nicht zu mir sprechen wirst
Irgendwo in dieser Stadt
Neben irgendwem
Weiter weg als jetzt
Da mir schon dieser eine Meter wie ein ganzes Leben vorkommt
Und ich nicht nur die Zeit nicht halten kann
Die mir wie ehedem durch die Finger rinnt
Mit jedem Schritt
Bis Du am Ende des Weges zum tausendsten Mal auf den Sattel steigst
Und fährst
Und nichts von Dir bei mir bleibt
Außer Du
Und alles, was Du jemals sein kannst



Wie ich Dich beim Italiener sah

Wenn Du von Schwere sprichst
Dann klingt das so leicht
Und wenn Du von Leichtigkeit redest
Dann spürt man den Schmerz

Wie ein Tropfen, der beides ist
Nur niemals zugleich
Träne und Teil des Meeres
Sanftes Rinnen und tosender Sturm

Wie eine Wolke, aus Regen gewebt
Wie ein Schauer, auf dem ein Bogen schwebt
Wie eine Welle, in die man springt
Wie roter Wein, der in dich dringt



Trennung

O wie ich’s halten möcht – und wie’s misslingt
Dies Allerliebste auf der Welt
Das noch immer tief mein Herz durchdringt
Das von mir weicht und stirbt und fällt

Bist Zeit und Raum – bist Blut in mir
Bist alles, was ich träumen will
Mein Lebensglück, so bleib doch hier
Du schaust mich an und weinst so still

Ein letzter Blick, ein letzter Kuss
O wie vertraut Du vor mir stehst
Und dann geschieht, was kommen muss
Du drehst Dich um – und gehst



Bebe

Ist die Kleine auf dem Bild
Diese Süße mit den Sprossen
Atemlos und wellenwild
Kommt sie tosend angeschossen?

Rauscht sie gern in dichten Bäumen
Kreist ihr Sehnen um die Welt
Lebt sie heut in weiten Räumen
Wird sie ungern zugestellt?

Summt sie noch die alten Lieder
Die der Wind ihr damals sang
Findet sie am Morgen wieder
Was am Tag zuvor verklang?

Ist die Kleine auf dem Bild
Diese Süße mit den Sprossen
Wolkenleicht und frühlingsmild
Kommt sie seidig angeflossen?

Taucht sie gern in wärmste Nähe
Versinkt sie wohl im tiefsten Du
Ahnt sie je, was ich jetzt sehe
Diese Tänzerin im Kinderschuh?

Wie viele Jahre sind vergangen
Seit ihr das Leben endlos war
Kennt sie noch das Mädchenbangen
Wie trägt sie wohl ihr goldnes Haar?

So vieles, das ich gerne wüsste
Und eines nur, das sicher gilt
Es war Dein Wort, das mich umküsste
Du süße Sprosse auf dem Bild!



Roter Lack

Der Ton in meinen Ohren
Ist das Scharren Deiner Ballen auf der Lehne
Während meine Hand Deinen Arm umkost
Dessen Finger meine Lippen öffnen
Damit mein Mund Einlass findet in Dich
Und mit Deinem Blute aufwärts schwimmt
Um in beiden Kammern inne zu halten
Und sie zu küssen
Und angefüllt zu werden mit dem Sauerstoff
Den Du aus meinen Lungen atmest
Und weiterzufließen durch Dein goldenes Mark
Bis hinauf zu Deinen Augen
Durch die ich mich selbst betrachte
Nicht satt werdend von Deinem Anblick
Wie ich niederkniend vor Dir stehe
Und Dir zu Füßen liege
Und das Scharren meiner Ballen auf der Lehne
Zum Ton in Deinen Ohren wird



Purzelbäume

In Dir Dich um mich haben
Dich um mich in mir tragen
Mich auf Dir an Dir in Dich jagen
Und Dich laben

Dich über unter vor mir in mich sehen
Uns von uns gehen kommen lassen
Außer mir Dich innen außen fassen
Und neben Dirmir stehen

Am Du das Dich in mir entzünden
Nach mir das Du im in uns wagen
Morgen gestern heute immer sagen
Und Dein wir ergründen

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(Für C., Vor der Hölle)


Was ich will?!

Mich auf Dich einlassen
Und in Dich eingelassen werden
Mich auf Dich verlassen
Und nicht verlassen werden
Gelassen sein
Dich anfassen
Nicht loslassen
Um ganz erfasst zu werden



Auf leisen Sohlen

Sanft wie einer Feder Flaum
Umschwebst Du zart mein Leben
Umgarnst mich still und spürbar kaum
Mit Stunden, die mein Herz einweben

Erfüllst mein Sein mit Leichtigkeit
Und nahst mit leisem Schritte
Grad standest Du an meiner Seit’
Schon stehst Du in der Mitte



Ohne Ende

Ein Stückchen Gold in Glut zerflossen
Die heiße Schmelz zur Form gegossen
Der helle Glanz zum Kreis geschlossen

Ein Anfang, der kein Ende findet
Der stetig um dein Blut sich windet
Und fortan mich mit Dir verbindet

Soll nimmer Dir vom Finger weichen
Auf ewig sanft durchs Haar mir streichen
Ein kleiner Ring als stilles Zeichen



10-Jahres-Rückblick


Was weiß ich noch von Dir?
Von uns?
Außer dass wir jung waren
Und dumm
Und auf angenehme Weise unbeschwert
Der Zickzackglanz in Deinem Haar
Der lässige Schritt
Und der Schatten meines Mundes auf Deinem ach so süßen Schulterblatt
Was sollte ich auch reden, damals, dachte ich, wo doch alles gut war?
So greifbar vor mir
So vermeintlich meins
Wie sollte ich denn ahnen
Dass dieses Glück, schweigend, irgendwann verstummen musste?
Und sag:
Wusste ich, so still, je, wer Du wirklich warst?
Unter der Haut
Wo meine Hand dich nie so ganz erreichen konnte
Durch innigste Nähe getrennt
Wärest Du heute da
Ich würde einfach nur lauschen wollen
Und erzählen
Bis wir genug verstanden hätten
Um wieder jung sein zu dürfen
Und unbeschwert
Und auf angenehme Weise dumm

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(Für S., Was waren wir jung)



So weit weg

Es ist so weit weg, das Leben
Wenn wir beide durch die Wolken schweben
Mein Kopf ruht sanft in Deinem Schoß
So treiben wir, mein Engel, schwerelos

Ich spür die Antwort aller Fragen
Wenn im Gleichklang unsre Herzen schlagen
Der Sinn sind wir, wir sind der Zweck
Die Welt so klein und so weit weg



Mein Herz

Hörst Du, wie es schlägt?
Mein Herz
Es schlägt so schnell und schlägt so laut
Spürst Du, wie es lacht?
Mein Herz
Es lacht, seit ich's Dir anvertraut

Mein Blick versinkt in Deinen Augen
Und meine Hand in Deinem Haar
Auf Deinem Mund küss' ich ein Lächeln
So sanft und gut und wunderbar

Hör doch nur, es ruft
Mein Herz
Es singt und pocht und tanzt in mir
Spür doch nur, es lebt
Mein Herz
Mein Herz, ich schenk es Dir



Für immer

Für immer will ich Dich begleiten
Will immer Dir zur Seite stehen
Mit Dir will ich das Glück durchschreiten
Und mit Dir bis zum Ende gehen

Auf ewig soll mein Herz Dir sagen
Halt und wärm und tröste mich
Und immer soll es für dich schlagen
Und immer, immer lieb ich Dich



Und wenn Liebe nicht genug ist?

All die Welten, die uns trennen
Verschmelzen wieder mal im Sog
Mit Haut und Haar muss ich bekennen
Dass keine Kraft je stärker zog

So tief hinein ins Zartgefühl
Mit einem Sprung aus vollem Lauf
Ich tauch herum im nassen Kühl
Als taucht ich niemals wieder auf

Umspült von Dir so wundervoll
Du herrlich heiß und kalter Guss
Wird sein, was sein soll
Oder kommt es, wie es kommen muss?



Halbheit

Verloren
Egal, was ich nicht tue
Welchen Weg ich nicht gehe
Was immer ich verachte

Den Nacken entbehren
Oder beim Komma verweilen
Zerrissene Kammern
Verratener Sinn

Die Sonne im Rücken
Und den Schatten im Blick
So dreh ich mich ständig
Auf ewig geteilt



Du bist jede Träne wert

Sie verschwimmen ineinander
Die Farben
Mehr und mehr
Die Formen zerfließen
Alles zerreißt
Die Welt
Und auch mein Bild von Dir
Es beginnt zu kullern
Dieses Chaos im Blick
Es rinnt hinab
Es strömt davon
Es fällt
Es stürzt
Es trommelt ohne Ende schier
Doch tröpfchenweise nimmt es den Schmerz
Und wäscht ihn hinaus
Erst jetzt spüre ich die Hand
Wie sehr sie mich hält
Und jetzt erst sehe ich
Klarer denn je
Wie sehr ich sie greife



Es tut mir leid

Spürst Du sie?
Die Sonne
Wie sie Dich küsst mir ihren Strahlen
Spürst Du sie?
Ganz leicht
Ganz sanft
Ganz zart
Sie will Dich nicht verbrennen
Und trotzdem weinst Du nun
Vor Schmerz
Und roter Haut



Entzweit

O marmorschöner Engel, Du
Ich träume Deine Flügel mir
O marmorschöner Engel, Du
Auf dass ihr Schlag mein Harren zier'

Der Nacht entrückt in stille Sphären
Wo schweigend ich in Nähe tauch'
Die Nacht gehüllt in mein Begehren
Das ich hoffend in die Ferne hauch

Will nun mein Sehnen endlich betten
Will stürzen es auf morgen zu
Wenn Tage doch bloß Flügel hätten
O marmorschöner Engel, Du



Ein offenes Buch

Ein Hauch von Kummer nur in meinem Blicke
Ein Ansatz kaum von Wehgedanken
Gewahrst Du grad, als wären's Stricke
Die sich um ein Kleinkind ranken

Du kennst die Chiffre meiner Lider
Strich und Punkt und Punkt und Strich
Und sprichst die Sprache meiner Glieder
Und Regung formt zu Worten sich



Sinnestäuschung

Wie kann es sein
Dass Deine Hand in meiner Hand
Die stets auf gleicher Höhe stand
Auf einmal viel zu klein?

Wie kann es gehen
Dass Augenlicht im Augenlicht
Nun nicht mehr grün ins Dunkel bricht
Da wir uns gegenüberstehen?

Wie kann ich es fassen
Dass Du auf einmal nicht mehr Du
Dass plötzlich alle Türen zu
Und Schlösser sich nicht schließen lassen?



Hand in Hand

Hand in Hand gehst Du aus meinem Leben
Und jeder Gleichschritt lässt die Erde beben
So schnell ersetzt, so schnell dahin
Geweint, entwöhnt, und Neubeginn

Aus dem Versteck heraus seh’ ich dich schwinden
Entschieden Deinen Weg Dich finden
Du lächelst fern am Straßenrand
Und gehst dahin in fremder Hand



Im Abteil

Du bist das Ziel nicht dieser Reise
Wenngleich der Zug mich heimwärts führt
Das Fenster wackelt, rattert leise
Und kühl es meine Stirn berührt

Ich seh Dein Bild im Dunkeln hell
Es steht und bleibt und folgt mir treu
Land und Leute wechseln schnell
Es formt die Welt sich ständig neu

Die Nacht von Lichtern jäh durchrissen
Fremdes Leben, fernes Sein
Und alles schwebt im Ungewissen
Diffus im matten Mondenschein

Du bist so fern in diesen Zeiten
Und doch ist Ferne einerlei
Denn schau: die Sterne – sie begleiten
Und alles Nahe rast vorbei



Verbunden

Ich frage Dich, Du Sehnsucht meiner Tage
Spürst Du noch das zarte Band,
Das ich so sorgsam halte, hege, trage?
Reicht es noch von Hand zu Hand?

Du müsstest nur den kleinen Finger heben
Durch tausend Straßen zög’ es mich
Um tausend Ecken würd’ ich schweben
Und ganz fest binden würd’ ich Dich



Ein und alles

Dies eine noch muss ich Dir sagen
Es gab keinen Tag in all den Tagen
In all den Nächten keine Nacht
Da ich nicht voll Lieb an Dich gedacht

Wo immer ich gegangen bin
Wie immer es auch schien – und ich nun schein
Bei jedem Schritt warst Du mein Sinn
Wirst stets mein und alles sein

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(Abschließendes)



Das fremde Ich

Was eines Menschen Herz bewegt
Wem steht es an, zu richten?
Und was bang ein Wunsch umhegt
Wer je, wer, kann es belichten?

Ob Nah und Fern ich still begehre
Ob tosend man im Sturm versinkt
Wer je, wer, erfasst die Leere
Die vieles will und manches zwingt

Sind Knechte nur in starrer Hülle
Zaudernd, zweifelnd, zögerlich
Greifen leichthin nach des Lebens Fülle
Und fallen, leiden jämmerlich

Wenn Tun und Wollen in Freiheit stünden
Dann würd’ die Welt sich anders drehen
Was muss der Wind den Wind begründen
Und wie sollt, wie, ihr ihn verstehen


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(Bis zum letzten Tag)


Wohlan

Wenn leben leiden heißt
Dann bin ich das Leben
Es zu atmen wie Feuer
Und es trotzig gegen den Wind zu spucken
Zu Widerstehen
Und so lange durch die Scherben zu laufen
Bis eine Spur bleibt
Bis das Zucken zum Takt wird
Der Takt zum Tanz
Und der Tanz zum Weg
Eine Ahnung
Eine Erträglichkeit
Ein Ausharren
Und letztlich wieder mal das Staunen
Dass dieser Schatten
In seinen besten Momenten
Solch eine Sonne werfen kann


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Und nun aber Schluss!